Ein liebevolles und einfühlsames Gespräch zu führen, fällt Paaren nicht immer leicht. Zwiegespräche sind eine gute Möglichkeit, das Reden, Zuhören und Hinhören zu üben, während ein Paar sich Zeit für einen guten Austausch in einer besonderen Form nimmt. Diese Regeln für ein Zwiegespräch sind ein hilfreicher Leitfaden.
Kurz Zusammen gefasst:
Die Zwiegespräche folgen einer klaren Struktur, die wichtig ist einzuhalten. Sie klingt anfangs etwas streng, doch genau auf dieser klaren Struktur fußt der Erfolg dieser Paar-Kommunikation.
Die Gesamtdauer von einem Zwiegespräch beträgt 1 oder 1,5 Stunden.
10 oder 15 Minuten spricht der eine Partner, danach der andere. Dieser Wechsel geschieht 3 Mal, sodass jeder der Partner 3 Mal für 10 oder 15 Minuten dran ist.
Nutzt einen Wecker für die Zeit.
Wenn einer – und das ist nicht unüblich – schneller fertig ist als die 15 Minuten dauern, dann schweigt er (der andere sowieso). Erst wenn der Wecker klingelt, wechselt ihr.
Inhaltliche Regeln der Zwiegespräche
Neben der klaren zeitlichen Struktur gibt es einige Aspekte hinsichtlich der Art und Weise eurer Kommunikation zu beachten:
Fokus: Während der 10 oder 15 Minuten spricht nur der, der dran ist. Der andere sagt kein einziges Wort.
Reaktion: Der Zuhörer reagiert nicht, weder mit Worten oder Kopfschütteln, noch mit anderer Mimik oder Gestik.
Antworten: Nach dem Wechsel bezieht sich der Zuhörer nicht inhaltlich auf das, was der Redner vorher gesagt hat. Er erzählt von sich und was die Aussagen in ihm ausgelöst haben.
Aussagen: Sprecht ausschließlich in der Ich-Form, was in euch passiert.
Rückmeldung: Niemand stellt Fragen, niemand gibt Rückmeldungen oder Ratschläge.
Was ist ein Zwiegespräch?
Die Zwiegespräche und ihre Regeln wurden von dem Professor für Medizinische Psychologie und Paartherapeuten Michael Lukas Möller entwickelt. Er sah das miteinander Reden als Schlüssel einer glücklichen Langzeitbeziehung. Er wies auch einen Zusammenhang zwischen guten, tiefen Paargesprächen und einer zufriedenstellenden Sexualität nach.
In einem Zwiegespräch redet jeder Partner über das, was ihn bewegt. Inhalte können sein, wie es dir geht, was du erlebst. Es geht um das eigene Leben und das Leben als Paar.
In einem Zwiegespräch habt ihr 60 Minuten Zeit, um abwechselnd zu reden. Die Partnerin oder der Partner hört dabei nur zu. Schweigen ist auch erlaubt, wenn du gerade nichts sagen möchtest. Wichtig ist nur, dass jeder von euch ein festes Zeitfenster hat: es gibt vier Abschnitte von jeweils 15 Minuten Redezeit.
Zwiegespräche sind ein Ritual für Paare. Daher solltet ihr sie bestenfalls wöchentlich durchführen. Insbesondere zum Einüben der Methode braucht es Regelmäßigkeit. Für euer Wohlbefinden und eure Zufriedenheit in der Partnerschaft ist mindestens ein monatliches Gespräch wichtig und hilfreich.
Früh ist es leicht. Deshalb wartet nicht, bis es in eurer Beziehung Schwierigkeiten gibt, um Zwiegespräche zu führen. Im Gegenteil: Zwiegespräche sind keine Methode, um aktuelle Konflikte zu klären. Sie sind präventiv, um Beziehungsschwierigkeiten vorzubeugen und Streit in der Beziehung mit mehr Gelassenheit zu begegnen.
Wozu sind Zwiegespräche gut?
"Zwischen dem, was gesagt, aber nicht gemeint wird, und dem, was gemeint, aber nicht gesagt wird, geht ein großer Teil der Liebe verloren." Khalil Gibran
Oberflächliche Gespräche in der Partnerschaft und reine Problemlösungen statt über sich zu sprechen und dem anderen zuhören, sind typische Trennungsgründe in einer Beziehung: das Paar verliert sich aus den Augen. Ein Aspekt, um gemeinsam glücklich zu bleiben, ist also, die Beziehung zu vertiefen.
Zwiegespräche dienen der Beziehungspflege und Zwiegespräche sorgen für eure Weiterentwicklung als Paar. Sie stärken euch dadurch für Situationen, in denen ihr Stress erlebt oder herausfordernde Lebenssituationen zu bewältigen habt. Und sie helfen dabei, den Partner zu akzeptieren.
Zwiegespräche verbessern die Kommunikation als Paar
Du hörst, was in deinem Partner oder deiner Partnerin vorgeht, was ihn oder sie aktuell beschäftigt.
Zwiegespräche bauen das Interesse aneinander (wieder) auf, bewahren es und lassen es wachsen.
Du lernst zuzuhören, um zu verstehen.
Es gelingt dir besser, dich in den anderen hineinzufühlen.
Du aktualisierst deine “Partnerlandkarte”: Du siehst deinen Partner oder deine Partnerin (wieder) mit neuen Augen, lernst ihn weiter und wieder neu kennen. So überprüfst du automatisch auch deine Annahmen, Vorstellungen und Interpretationen über den anderen. Das führt dazu, dass du deinen Lieblingsmenschen und sein Verhalten nicht mehr so so sehr für selbstverständlich hältst. Letztendlich führt das zu mehr Achtsamkeit im Miteinander.
Du bringst mehr Verständnis für deinen Partner oder deine Partnerin auf.
Ihr lasst einander an den eigenen Empfindungen teilhaben.
Du lernst, wesentliche Themen zu offenbaren – und machst gute Erfahrungen dabei.
Es gelingt dir, Vertrauen aufzubauen.
Du stellst Nähe her und spürst Nähe beim anderen.
Eure Gesprächskultur verbessert sich: Häufig entgegnen wir im Alltag schnell etwas, “Ja, das kenne ich auch …” oder “Das ist mir kürzlich genauso ergangen” – stattdessen übt ihr hier, aufmerksam auf den anderen einzugehen.
Regeln für ein Zwiegespräch – ein Leitfaden
Die folgenden Regeln eines Zwiegesprächs dienen euch als Leitfaden, damit euer Austausch so hilfreich für die Beziehung ist wie möglich, um eure Beziehung zu verbessern.
Hier also alle wesentlichen Punkte eines Zwiegesprächs im Überblick.
Vorbereitung der Zwiegespräche
Zwiegespräche solltet ihr regelmäßig durchführen – ohne festen Anlass. Wöchentliche Zwiegespräche sind hervorragend, aber bevor ihr das nicht schafft und sie immer wieder verschiebt, bringen auch Zwiegespräche in einem vierzehntägigen oder monatlichen Rhythmus viel.
Blockiert euch für die Zwiegespräche einen regelmäßigen und verbindlichen Termin zu einer festen Zeit im Kalender. Nur so nehmt ihr sie genauso ernst und verschiebt sie nicht, wie beispielsweise Vorsorgetermine für eure körperliche Gesundheit.
Schafft euch einen ruhigen Raum, an dem ihr ungestört seid. Dazu gehört auch, das Handy und andere Störquellen auszuschalten.
Lest euch zunächst (noch einmal) die Zwiegesprächs-Regeln durch und klärt noch offene Fragen zum Vorgehen. Später, wenn ihr beide den Leitfaden verinnerlicht habt, werdet ihr auch ohne das erneute Lesen der Regeln gute Zwiegespräche führen können.
Durchführung: Regeln und Leitfaden eines Zwiegespräches
Sprecht im Wechsel: Zunächst spricht die erste Person für 15 Minuten. Danach hat die zweite Person für 15 Minuten Redezeit. Fortgesetzt wird wieder mit dem ersten Partner und zum Abschluss erhält nochmals die zweite Person dasselbe Zeitfenster.
Stellt euch einen Wecker oder Timer, damit die Redezeit gleichmäßig verteilt ist.
Die 15 Minuten sollen eingehalten werden, auch wenn derjenige, der gerade dran ist, nichts (mehr) zu sagen hast. Dann schweigt er oder sie. Reden und Schweigen sind gleich richtig. Haltet die Zeit ein! Es ist jeweils deine Zeit! Und so könnt ihr Zwei auch lernen, Stille auszuhalten.
Bleib bei dir! Sprich nicht über den anderen, sondern über dich und deine Befindlichkeit, deine Gefühle und Gedanken, deine Bedürfnisse, Visionen und Ziele. Thema eines Zwiegesprächs ist das Leben als solches und das Zusammenleben als Paar. Es geht um dich und nicht um deinen Partner oder deine Partnerin: Sprich über das, was du empfindest, was du wahrnimmst, was du denkst und was dir wichtig ist.Diese Fragen an dich selbst sind dir ein guter Leitfaden für ein Zwiegespräch:
Wie geht es mir?
Was beobachte ich? Und wie fühle ich mich dabei?
Was berührt oder bewegt mich?
Worüber denke ich aktuell nach?
Was ist mir für mich wichtig?
Wie erlebe ich unsere Beziehung? Das Reden über sich selbst gelingt am besten, wenn du in der Ich-Form sprichst (und nicht in der Du-Form).
Stelle deiner Partnerin oder deinem Partner keine Fragen und gib ihr oder ihm keine Ratschläge.
Formuliere keine Wünsche und keine Erwartungen an den oder die andere. Und auf gar keinen Fall solltest du deinem Partner oder deiner Partnerin Vorwürfe machen, ihn oder sie anklagen oder Forderungen stellen. Dafür sind Zwiegespräche nicht da!
Kommentiere die Aussagen deines Partners oder deiner Partnerin nicht. Geh nicht auf das Gesagte ein. Und versuche nicht, den anderen zu analysieren (zugegeben: das ist Übungssache). Hör einfach zu.
Jeder von euch hat das Recht, über das zu sprechen, was er oder sie äußern möchte. Erwartet und fordert nicht, dass der andere bestimmte Themen anspricht. Jeder teilt nur das mit dem anderen, war er teilen möchte.
Seid dabei geduldig miteinander und seht die Zwiegespräche als Übung. Ihr werdet so allmählich lernen, besser auf euch selbst und den anderen einzugehen.
Sollte das Zwiegespräch nicht gut gelingen, ihr etwa in Streit geraten oder zu diskutieren anfangen, dann beendet es. Startet euren Austausch zu einem späteren Zeitpunkt erneut. Gegebenenfalls habt ihr bis dahin die Regeln für Zwiegespräche nochmals miteinander geklärt.
Weitere Anmerkungen zur Durchführung
Manchen Paaren hilft es, wenn sie sich bei ihren Zwiegesprächen nicht direkt in die Augen zu sehen. Das erleichtert es, sich zu konzentrieren, bei sich zu bleiben und sich zu offenbaren. Vielleicht kennst du dieses Phänomen von Autofahrten, bei denen manche Gespräche besser funktionieren: wenn du die Reaktionen deines Partners oder deiner Partnerin nicht siehst, lässt du dich davon auch nicht beeinflussen. Insofern eignet sich auch ein Spaziergang gut für für ein Zwiegespräch. Die Situation wirkt dann für einige Paare etwas weniger konstruiert. Die Regeln sind dabei dieselben.
Zuhause ist es hilfreich, sich Rücken an Rücken zu setzen – ob mit oder ohne die Berührung eurer Rücken, solltet ihr am besten selbst ausprobieren.
Eine Nachbesprechung des Zwiegesprächs ist nicht vorgesehen. Wenn es zu Ende ist, ist es zu Ende.
Fazit
Zwiegespräche sind anfangs ungewohnt. Sie müssen geübt werden. Am Anfang ist es schwer, bei sich zu bleiben. Regelmäßig angewendet, gelingt das immer besser und dann wirken Zwiegespräche konfliktvermeidend und können auch Paarkonflikte lösen. Zu Beginn ist damit aber noch nicht zu rechnen (unmöglich ist das jedoch auch nicht).
Und hier liest du mehr zum Thema Zwiegespräche
Das Buch von Michael Michael Lukas Moeller (1937-2002), Professor für Medizinische Psychologie, ist ein bewährter Klassiker.
Dieser Artikel, ist erschienen auf https://raumfuereuch.com
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